Die roatel GmbH, innovative Container Hotels aus Düsseldorf, ein Interview mit CEO Christian Theisen
Das Interview wurde geführt von C. Mauer
Marktlage:
Die beiden Gründer, Ralf-Peter Kals und Christian Theisen, haben Hotel Containerboxen entwickelt, die kurzfristig bei ihren Kunden aufgestellt werden können und deren Verwaltung und Service komplett von Roatel gemanagt wird. Die Geschäftsidee entstand, als das Mobilitätspaket 1 bekannt wurde, das die EU 2020 verabschiedete. Demnach dürfen Berufskraftfahrer ihre wöchentliche Ruhezeit nicht mehr in ihrer Fahrerkabine verbringen. Diese Regelung hat die Lebensbedingungen für Kraftfahrer stark verbessert, aber auch einen neuen Markt erschaffen.
Nicht nur eine Schlafgelegenheit:
Bei den Roatel Containern handelt es sich nicht nur um eine Schlafgelegenheit, sondern das Konzept ist durchdacht hinsichtlich Umwelt, Komfort und Design. Auf den Dächern der Container befinden sich Solarzellen. Roatel übernimmt die gesamte Verwaltung, baut die Container kurzfristig an einem Tag auf und zahlt seinen Kunden, ob Tankstelle oder Autoraststätte eine Pacht.
Welche Vorteile haben die Standorte, wenn sie Roatel Container Hotels aufstellen? Fühlen sich die Übernachtungsgäste überhaupt wohl in einem Container?
Christian Theisen meint, dass sich größere Hotelketten derzeit noch nicht an das dezentrale Hotelkonzept heranwagen. Der Markt ist jedenfalls da: Rund 120.000 Berufsfahrer suchen jede Nacht nach einer Schlafgelegenheit und reisende Geschäfts- und Privatleute sind hierbei noch gar nicht eingerechnet. Roatel möchte expandieren und startet demnächst eine Crowd-Funding-Kampagne.
Mehr lesen im exklusiven Interview mit Geschäftsführer Christian Theisen:
Alethea Magazine Können Sie nochmals erklären, wie durch die Änderung des Güterverkehrsgesetzes im Jahr 2017 ein Markt für Ihr Konzept entstand?
Christian Theisen: Es ist richtig, dass es das sogenannte „Kabinenschlafverbot“ schon seit mehreren Jahren in einzelnen europäischen Ländern gab. Allerdings gab es kein europaweit einheitliches Recht. Daher hat die EU 2020 das Mobilitätspaket 1 verabschiedet und dort verschiedene Sozialvorschriften neu geregelt. Diese gelten nun europaweit einheitlich. Darunter fällt auch die Vorschrift, dass Berufskraftfahrer die wöchentliche Ruhezeit nicht mehr in ihrer Fahrerkabine verbringen dürfen. Hintergrund ist, dass es unter den Fuhrunternehmen schwarze Schafe gibt, die sich vor allem in Osteuropa angesiedelt haben und Mitarbeiter teilweise monatelang ununterbrochen in ganz Europa einsetzen. Durch das neue Gesetz werden einerseits die Lebensbedingungen für die Fahrer deutlich verbessert, andererseits lohnt sich diese fragwürdige Praxis aufgrund der nun höheren Kosten nicht mehr. Immerhin liegen die Strafen bei fast 4.000 EUR im Einzelfall.
Wir haben uns 2018 mit dem Thema beschäftig und den Markt analysiert. 2019 gründeten wir dann die Roatel GmbH, zu einer Zeit, als es noch überhaupt nicht sicher war, dass das Mobilitätspaket überhaupt kommt. Denn der Widerstand von den osteuropäischen Staaten war groß. Trotzdem haben wir mit größtem Risiko das Konzept umgesetzt und sind nun First Mover.
Alethea Magazine: Wie unterscheidet sich Ihr Hotelkonzept und die Ausstattung von anderen Hotelboxen?
Christian Theisen: Unsere erste Idee war es, Hotelcontainer am Markt kaufen und aufzustellen. Doch wir mussten feststellen, dass es so etwas überhaupt nicht gibt. Es gibt Schlafcontainer, die man auch aus Flüchtlingscamps kennt. Aber die sind in Leichtbauweise erstellt und genügen nicht den baurechtlichen Anforderungen an einen Hotelbetrieb. Da sind z.B. Brandschutz, Schallschutz, Dämmvorschriften etc. zu berücksichtigen. Wir benötigen eine Baugenehmigung wie bei jedem normalen Hausbau.
Für uns war es wichtig, dass der Gast, der meist einen sehr langen und stressigen Arbeitstag hinter sich hat, eine kleine Wohlfühloase vorfindet. Wir bauen 4 kleine, hochwertige Einzelzimmer in einen echten 45 Fuß-Überseecontainer aus Corten-Stahl. Jedes Zimmer hat ein eigenes Duschbad und ein eigenes WC. Das ist vielleicht sogar noch wichtiger für die Berufskraftfahrer als ein breites Bett. Unseres ist immerhin 90cm breit – die Pritschen im LKW sind meistens nur 70 oder 80 cm breit.
Natürlich gibt es internationales SatTV, kostenloses Internet, Klimaanlage, Lüftung, Ambientebeleuchtung und elektrische Rollos vor den großen Fenstern. Die Außenbereiche sind kameraüberwacht.
Die Buchung erfolgt über unsere eigene Plattform my.roatel.com. Und da wir vor Ort kein Personal haben, funktioniert der Check-in rein digital und den Schlüssel gibt es ebenfalls per E-Mail oder SMS auf’s Handy. Und am nächsten Tag schicken wir die Rechnung – wenn gewünscht - per E-Mail direkt an den Arbeitgeber.
Alethea Magazine: Sie arbeiten in Partnerschaften mit anderen Standorten. Werden die Container dann vermietet oder verkauft? Für welche Standorte ist Ihr Konzept denn relevant?
Christian Theisen: Die Standortpartner – das sind beispielsweise große Autohöfe in Autobahnnähe – möchten ihren Kunden eine möglichst große Palette von Produkten und Dienstleistungen anbieten. Ein Hotel gehört dazu. Aber ein eigenes Bauprojekt zu realisieren ohne zu wissen, wie die Auslastung später sein wird und mit den bekannt langen bürokratischen Genehmigungsprozessen möchten die wenigsten. Und ein Hotel betreiben möchten sie auch nicht. Da kommt Roatel ins Spiel. Wir stellen das Roatel an nur 1 Tag auf, betreiben es in Eigenregie und zahlen dem Partner sogar noch eine Pacht. Der Partner muss lediglich die Anschlüsse (Strom, Wasser) bereitstellen. Ohne die geht es noch nicht. Die technische Umsetzung und das Baugenehmigungsverfahren übernehmen wir auch. Und wenn das Roatel immer ausgebucht ist und noch Platz vorhanden ist, können wir jederzeit ein zweites Roatel dazustellen. Oder theoretisch auch eins auf das erste Roatel draufsetzen.
Wir konzentrieren uns primär auf autobahnnahe Standorte. Aber die Kundenstruktur hat uns gezeigt, dass wir anscheinend mit dem Konzept einen Nerv getroffen haben, denn ein Großteil unserer Gäste sind Handwerker, Geschäftsleute oder privat Reisende. Insofern schauen wir uns jetzt auch gezielt Standorte an, wo es keine Hotels gibt, die aber verkehrsgünstig sind.
Alethea Magazine: Worauf darf sich ein Gast bei Ihnen freuen? Wie sind überhaupt die Resonanzen der Gäste nach ihrem Aufenthalt? Spielt Design auch eine Rolle?
Christian Theisen: Seien wir ehrlich: Unsere Gäste suchen in der Regel nur ein Bett zum Schlafen und ein Bad mit WC. Für längere Aufenthalte ist das Roatel nicht geeignet, wobei unsere Zimmer gerade von Handwerkern und Monteuren auch wochenweise gebucht werden.
Unser Gast kann sich darauf verlassen, dass sein Zimmer frisch gereinigt und das Bett frisch bezogen wurde. Es gibt natürlich frische Handtücher, Seife und Shampoo. Der Gast kann teilweise direkt vor der Zimmertüre oder zumindest in unmittelbarer Nähe parken. Man muss sich nirgends persönlich melden, alles geht kontaktlos und digital. Gerade in der Coronazeit war das ein Pluspunkt für unser Konzept.
Das Design war für uns sehr wichtig. Unser Gesellschafter, der die Roatels in Niedersachsen baut, ist ein Produzent von hochwertigen Küchen und Einbaumöbeln. Er hat viel Wert auf langlebige und wertige Materialien gelegt. Dies ist in der Produktion vielleicht zunächst teurer, aber die Pflege- und Instandhaltungskosten sind langfristig geringer. Außerdem hat jeder Gast das Gefühl, dass man ihn wertschätzt und er in dem Zimmer sicher ist. Wenn Sie in einem Roatel-Zimmer aufwachen und nicht wüssten, dass Sie sich in einem Container befinden, Sie würden es nicht glauben. Die Container die wir nutzen, sind extra hoch (high cube) und extra breit (pallet wide). Dadurch erreichen wir nach Innenausbau eine Deckenhöhe von 2,50m. Das ist mehr als in so mancher Wohnung.
Alethea Magazine: Wie hoch ist denn der Bedarf an Hotelbetten in Deutschland derzeit und wie wird sich der Markt Ihrer Meinung nach entwickeln?
Christian Theisen: Wir sehen auf dem Hotelmarkt eine Entwicklung in 2 Richtungen: Einerseits hochpreisige Angebote im Luxussegment, andererseits preisgünstige Hotels im Economysegment. Dort verorten wir uns.
Allerdings befinden wir uns auf einem gänzlich neuen Teilsegment, das ja erst durch das Mobilitätspaket geschaffen wurde. Die großen Hotelketten trauen sich an das dezentrale Geschäftsmodell nicht heran, zumal sie sich noch von der Coronakrise erholen müssen. Als First Mover schaffen wir jetzt Fakten und stellen uns an den besten Standorten zunächst in Deutschland und dann im europäischen Ausland auf. Mit einem Mineralölkonzern sind wir bereits wegen Standorten in Frankreich im Gespräch. Alleine in Deutschland übernachten jede Nacht 120.000 Berufskraftfahrer auf und an den Autobahnen. Da sind die Privat- und Geschäftsleute noch nicht einmal inbegriffen. Ein großes Potential. Wir starten demnächst auf Seedmatch eine Crowd-Funding-Kampagne und legen richtig los
Quelle: Alethea Magazine (zuletzt abgerufen am 23.10.2022)